„Menschen brauchen Geschichten: Wie eine vermeintliche Rettungsschwimmerin doch Journalistin wurde.“ – Interview mit Britt Wandhöfer

Im Journalismus erfolgreich zu sein, ist ein Märchen? Nicht unbedingt, aber das Stichwort „Storytelling“ ist sehr wichtig und genau darüber haben wir mit Britt Wandhöfer gesprochen. Mit ihrem Studium der Germanistik und Sozialwissenschaften stammt sie aus den Geisteswissenschaften und hat über zehn Jahre als Fernsehjournalistin gearbeitet. Aktuell ist sie Chefredakteurin der Magazine VIVID und KÖNIGSALLE .

Wie gelang Ihnen der Einstieg in den Journalismus?

Britt Wandhöfer: Schon vor meinem Studium machte ich mein erstes Praktikum bei TV Spielfilm in Hamburg. Das war 2000. Ich kannte dort jemanden, das war natürlich ein Vorteil. Da waren Fernsehzeitschriften und die Magazinbeiträge in diesen Heften noch heißer Scheiß. Danach begann mein Magister Studium in den Fächern Germanistik und Soziologie an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Während des Studiums absolvierte ich Praktika bei der BILD Zeitung Düsseldorf, bei 3sat in Mainz und schließlich bei der Mediengruppe RTL. In der Redaktion von RTL Exklusiv habe ich sehr viel Engagement gezeigt, weil ich dort unbedingt arbeiten wollte. Freiwilliger Sonntagsdienst und Überstunden, um erfahrenen Redakteuren über die Schulter zu schauen, waren für mich selbstverständlich. Sechs Wochen später wurde ich gefragt, ob ich studentische Aushilfe werden möchte. So lernte ich den Beruf der Fernsehjournalistin. Direkt nach meinem Magister Abschluss stieg ich Vollzeit bei RTL ein.

Welche Veränderungen erlebten Sie durch die Digitalisierung im Arbeitsbereich des Journalismus?

Britt Wandhöfer: Man muss viel offener sein. Auch wenn der klassische ‚Spiegel‘-Schreiberling mir jetzt wahrscheinlich widersprechen würde, auch ein Social-Media-Content-Manager ist heute Journalist. Jemand der großartige Podcasts produziert, ist auch ein Journalist. Ich folge zum Beispiel bei Instagram einigen Usern, die in ihren Wohnmobilen leben, unglaublich viele Follower haben, weil sie jeden Tag, über diverse Kanäle spannende Geschichten über ihre Reise posten. Sie schreiben und drehen Videos für verschiedene Reiseportale und werden dafür bezahlt. Auch das sind Journalisten. Jedes große Unternehmen sucht heute „Storyteller“. Selbst wenn die klassischen Print-Produkte in den nächsten Jahren weniger werden, Menschen brauchen Geschichten, das ist ein Grundbedürfnis.

Was muss man machen oder können, um im Journalismus erfolgreich zu sein?

Britt Wandhöfer: Ich haben zwei kleine Töchter, wenn die beiden mich fragen, was ich beruflich machen, dann sage ich: „Mama ist eine Geschichtenerzählerin.“ Ich glaube, dass ist das Aller-, Allerwichtigste. Ich habe in meiner Karriere viele Menschen kennengelernt, die unbedingt beim Fernsehen arbeiten wollten, aber sie konnten keine Geschichten erzählen. Ihre Talente lagen woanders und der vermeintliche Traumjob fiel ihnen unglaublich schwer. Selbst wenn man die tollsten Geschichten erzählen kann, muss sie jemand lesen, sehen oder hören.

Selbst aktiv zu sein, ist eine grundsätzliche Regel, um ein erfolgreicher Journalist zu sein. Man braucht ein ehrliches, tiefes Interesse für Menschen und für nahezu alles was auf der Welt passiert. Man sollte neugierig sein, immer.

War Ihre Studienfachkombination hilfreich für diesen Job? War Ihnen vor dem Studium schon klar, dass Sie im Journalismus arbeiten wollen?

Britt Wandhöfer: Ich habe sieben Jahre studiert, weil ich nebenbei viel gearbeitet habe. Aber das war gut. Ich musste ja nichts auswendig lernen, wie bei anderen Studiengängen. Ich musste mich mit den Dingen intensiv auseinandersetzen, der Groschen fiel aber erst Jahre später. Heute merke ich immer wieder an kleinen Episoden, wie hilfreich mein Studium war. Gerade durch die Kombination mit dem Fach Soziologie lernt man wie und warum sich die Gesellschaft auf diese Weise verhält und zusammensetzt. Dadurch kann man Geschichten besser erzählen, sodass sich die Leser unbewusst bestätigt fühlen oder Dinge lesen, die sie kennen, so aber noch nie darüber nachgedacht haben.

Ob ich immer schon Journalistin werden wollte? Ganz ehrlich, das Einzige was ich wirklich gut kann, ist Geschichten erzählen. Okay, ich wollte Rettungsschwimmerin von Malibu werden, denn schwimmen kann ich auch. Aber heute bin ich froh, dass ich mich für dieses Studium entschieden habe.

Welche Tipps würden Sie abschließend Geisteswissenschaftlern geben, die im Journalismus arbeiten wollen?

Britt Wandhöfer: Ihr solltet viel ausprobieren, eventuell muss man auch mal schlechte Erfahrungen in Kauf nehmen, aber das kann helfen, um letztendlich seine Ziele zu erreichen. Euch sollte bewusst sein, dass man sich immer wieder neu erfinden muss, denn Themen, die mit 25 Jahren noch erfüllend waren, sind zehn Jahre später vielleicht nicht mehr so interessant. Vor allem solltet ihr neugierig sein und daran denken, dass niemand auf euch wartet. Also überzeugt mit euren Geschichten und zeigt was ihr könnt!